Mittwoch, 22.01.2020

Klinik Maria Frieden Telgte beteiligt sich an innovativem Forschungsprojekt

Pflegedokumentation in Zeiten der Digitalisierung – Neues Forschungsprojekt zur Automatisierung der Dokumentation

Bewegungs-Tracker sind derzeit hauptsächlich aus der privaten Fitness bekannt. Wie sich eine automatische Aktivitätserkennung über den Fitnessbereich hinaus auch zur Unterstützung der Pflegedokumentation in Krankenhäusern nutzen lässt, untersucht derzeit das Forschungsteam des Projektes »Eingabefreie Station - Bewegungsbasierte Aufnahme von Pflegetätigkeiten zur automatisierten Dokumentation im Krankenhaus«.

Hohe Dokumentationsaufwände gehören in Krankenhäusern zum Klinikalltag und führen zu einer zusätzlichen Belastung des Pflegepersonals. Innerhalb des im November 2019 gestarteten Projektes wird ein innovatives Verfahren zur Verringerung der Dokumentationsaufwände erforscht. Dieses Verfahren basiert auf Sensorik und Machine Learning.

Neben der eigentlichen Pflegetätigkeit führen Pflegekräfte eine Vielzahl von pflegefremden bzw. patientenfernen Tätigkeiten aus, die zu einer zusätzlichen Belastung im Arbeitsalltag führen. Den größten Aufwand verursacht dabei die Dokumentation und Administration. Je nach Fachbereich verbringt das Pflegepersonal täglich bis zu zwei Stunden damit, die geleisteten Pflegetätigkeiten zu dokumentieren. Das ist eine Leistung, die nicht zur Gesundung des Patienten beiträgt, sondern hauptsächlich einer ordnungsgemäßen Abrechnung und Qualitätssicherung dient. An diesem Punkt greift das Forschungsvorhaben Eingabefreie Station an und erforscht ein Verfahren zur Reduktion der zeitaufwändigen und manuellen Pflegedokumentation des Pflegepersonals bis auf ein Minimum. Innerhalb des Vorhabens soll eine technische Lösung konzipiert und entwickelt werden, die es möglich machen soll, geleistete Pflegtätigkeiten am Patienten automatisiert zu erkennen, aufzunehmen und bestätigte Tätigkeiten direkt in der elektronischen Patientenakte zu dokumentieren. Besonderes Bestreben des Projektes ist es, eine praktikable und nutzerorientierte Lösung für alle Beteiligten, insbesondere für das Pflegepersonal zu entwickeln. Aus diesem Grund wird den Themen Akzeptanz, Transparenz, Anonymisierung und Datenschutz eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Die Nutzer werden früh in das Forschungsvorhaben integriert.

Die Klinik Maria Frieden Telgte der St. Franziskus-Hospital GmbH und die weiteren Projektpartner Franziskus Stiftung Münster, Maria-Josef-Hospital Greven, St. Elisabeth-Hospital Beckum, FACT‘ IT GmbH, die MotionMiners GmbH als Technologieentwickler sowie das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML), welches als Konsortialführer fungiert, werden über eine Laufzeit von drei Jahren an dieser neuen Lösung forschen, ein Proof of Concept entwickeln und in den Kliniken pilotieren.

Wo liegen die Chancen für die Krankenhäuser und die Pflegedokumentation?

Viele Bereiche des Krankenhauses profitieren von einer möglichen automatisierten Dokumentation. Durch die Reduktion der hohen Dokumentationsaufwände liegt der Nutzen insbesondere beim Pflegepersonal. Die gewonnene Zeit soll zum einen zu einer neuen Priorisierung im Arbeitsalltag führen, zum anderen kann diese Zeit zukünftig für mehr Zuwendung von der Pflegefachkraft für die Patienten genutzt werden. Zusätzliches Ziel ist die Unterstützung des Medizincontrollings, dessen Alltag in vielen Krankenhäusern von Anfragen und Prüfungen des MDKs (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) getrieben ist. Gleichzeitig hat das Prüfvolumen in den letzten Jahren rapide zugenommen. An dieser Stelle kommt die Forschungsidee als Grundlage für eine effektive Kodierung und leistungsgerechte Abrechnung ins Spiel.

Welche Technik steckt hinter der neuen Lösung?

Innerhalb des Forschungsvorhabens wird auf der bestehenden Technologie aufgebaut und eine technische Lösung bestehend aus Hardware- und Softwarekomponenten konzipiert, entwickelt und pilotiert, die für einen Einsatz in der Pflege geeignet ist. Den Ursprung hat die Technologie in dem Bereich der Logistik und Produktion. Dort werden manuelle Arbeitsprozesse beispielsweise in Lager- und Kommissioniersysteme aufgenommen und hinsichtlich ihrer Effizienz und Ergonomie analysiert.

Grundlegend soll das Verfahren zukünftig folgendermaßen funktionieren: Mittels mobiler Sensoren und Mini-Funksendern werden reale Prozessdaten wie z.B. Bewegungen, Pflegetätigkeiten, Gesten oder Laufwege automatisiert und anonymisiert aufgezeichnet. Die Interpretation dieser Daten erfolgt durch ein Verfahren des Machine Learning, welches die Daten mithilfe von Algorithmen analysiert. Dazu werden relevante Bewegungen der Pflegekräfte identifiziert, mittels Deep Learning interpretiert und anschließend einer speziellen Pflegetätigkeit zugeordnet. Über die Aufnahme weiterer situativer Informationen (Ort, genutzte Medizingeräte, etc.) ist es möglich, die geleisteten Pflegetätigkeiten einem Patienten zuzuordnen und die Informationen über eine Schnittstelle in der elektronischen Patientenakte abzulegen.

Weitere Informationen:

Das Forschungsprojekt läuft über 36 Monate bis Ende Oktober 2022. Gefördert wird das Projekt durch die Europäische Union und das Land Nordrhein-Westfalen im Zuge des Leitmarktes Gesundheit.NRW. Das Forschungsvorhaben hat ein Gesamtvolumen von rd. 2,4 Mio. Euro (geförderte Summe 1,6 Mio. Euro).